
Was ist Gestalttherapie?
Bei der Gestalttherapie handelt es sich um ein psychotherapeutisches Verfahren, das 1930 von Fritz Perls entwickelt wurde. Perls bezog sich dabei stark auf die Ganzheit des Menschen und betonte insbesondere die Ausdrucksfähigkeit der Gefühle. Bis dahin hatten in der Psychotherapie kognitive Aspekte deutlich im Vordergrund gestanden.
Perls dagegen wollte Menschen erfahren lassen, wie sie nicht über Gefühle reden, sondern wie sie diese erleben und ausdrücken können. Gestalttherapie ist daher auch ein erlebnisaktives Verfahren.
Wichtige Prinzipien der Gestalttherapie sind die folgenden:
1. Leib-Seele-Geist-Einheit
Diese drei Bereiche der menschlichen Existenz sind untrennbar miteinander verbunden und beeinflussen einander ständig in einem wechselseitigen Prozess. Die Ganzheit äußerte sich z. B. darin, dass jede körperliche Aktivität immer auch Veränderungen psychischer und kognitiver Art bewirkt. Psychische Störungen wiederum haben oft Auswirkungen im körperlichen Bereich und beeinträchtigen auch die Denkfähigkeit.
2. Hier und Jetzt
Die Gestalttherapie geht von dem konkret Vorhandenen aus.
3. Figur und Grund
Dieses Prinzip bedeutet, dass eine Figur – zum Beispiel ein Mensch – nicht länger losgelöst von ihrem Hintergrund zu betrachten bzw. zu behandeln ist. Immer müssen wir in der Therapie die Lebensumstände des Patienten mit berücksichtigen.
4. Selbstheilungskräfte
In jedem Menschen sind genügend Selbstheilungskräfte vorhanden.
Das Problem besteht darin, dass manche Menschen den Kontakt dazu verloren haben oder dass diese Kräfte so stark durch negative Erfahrungen und Umwelteinflüsse überdeckt sind, dass der betreffenden Mensch nicht mehr über sie verfügen kann. Ziel der Therapie ist dann nicht, den Klienten „gesund“ zu machen, sondern der Therapeut versucht, ihn wieder mit seinen eigenen positiven Kräften in Verbindung zu bringen. Dabei handelt es sich um einen Wachstumsprozess, der weitestgehend frei von Druck erfolgen soll.
Perls sagte dazu: „Treibe den Fluss nicht an, er strömt von selbst (Don´t push the river, it flows by itself).“
5. Selbstverantwortung
Anknüpfend an den zuvor genannten Punkt gehen wir in der Gestalttherapie auch davon aus, dass jeder Mensch für seine Aktivitäten und Entscheidungen selbst verantwortlich ist. Nur dann kann er auch zu seinen eigenen Kräften finden und wieder gesunden. Dies geht nicht, indem er sich abhängig macht von andere Menschen, die für ihn entscheiden.
6. Erfahrung und Bewusstsein
Um Verantwortung für sich selbst übernehmen zu können und um seine eigenen Selbstheilungskräfte kennen zu lernen, ist es notwendig, dass der Mensch sich selbst und seiner Möglichkeiten bewusst ist. Um das entdecken zu können, bedarf es entsprechender Erfahrung.
Diesem Zweck dienen in der Gestalttherapie die Experimente, also Situationen, in denen man etwas über sich erfahren und neue Verhaltensweisen ausprobieren kann.
7. Kontakt
Wesentlich für die menschliche Existenz ist der Kontakt mit sich selbst und mit anderen. Eine Grundbedingung für die Selbstwerdung ist der unabhängige Kontakt mit anderen Menschen. Ist dieser Kontakt gestört, resultieren verschiedene Arten von neurotischen Störungen. Dem können wir therapeutisch entgegenwirken, indem wir versuchen, den Kontakt echter zu gestalten und uns darauf einzulassen, das auszudrücken, was wir fühlen.